Die Ursprünge von Lacrosse in Deutschland liegen in der Hauptstadt. Bereits 1993 wurde mit dem BLAX der erste eingetragene Lacrosse-Verein Deutschlands gegründet. Es folgten der Berliner HC und Victoria Berlin. Die drei rivalisierenden Teams haben in der Vergangenheit immer wieder bei den Playoffs und den Deutschen Meisterschaften auf sich aufmerksam gemacht. Fast drei Jahrzehnte lag der Fokus dabei auf der Feld-Lacrosse Variante. Doch seit einem Jahr macht ein neuer Verein die Berliner Lacrosse-Szene auf sich aufmerksam. Der erste reine Box-Lacrosse Verein Deutschlands: Die Spreewölfe Berlin.
„Bei den Spreewölfen ist das anders. Hier trainieren Spieler aus allen Teams der Stadt gemeinsam.“
Im deutschen Lacrosseverband, DLaxV, gibt es organisiertes Box-Lacrosse erst seit 2015. Auch in Berlin wird seitdem gespielt. Allerdings im Pick-Up Spieltagsmodus. Das bedeutet spontan und ohne Einbindung in eine Vereinsstruktur. Mit den Spreewölfen hat sich das geändert und damit auch die Ambitionen der Berliner Lacrosser. Mit einem festen Training pro Woche gelang es der Vereinsführung rund um Felipe Oehrwald und Jörg Ogilvie, die „Indoor-Variante“ des Lacrosse fest im Terminkalender der Stadt zu etablieren. Ein wichtiger Schritt war dabei die Verpflichtung von Headcoach Adam Marshall. Der Trainer des Nationalmannschaftsfeldprogrammes bringt schon viel Erfahrung im Box-Lacrosse mit. Seine fachliche Kompetenz im Box-Lacrosse konnte er zuletzt im Coaching Staff der Box-Lacrosse Nationalmannschaft für die WM 2019 in Kanada unter Beweis stellen.
Während die Feld-Lacrosse Vereine der Hauptstadt aktuell in Punkten Entwicklung, Wachstum und spielerischem Niveau auf der Stelle treten, versuchen die Spreewölfe mit frischem Wind das große Lacrosse Potential Berlins auszuschöpfen. Viele, vor allem zugezogene Lacrosser in Berlin, können die Rivalität der Berliner Feldteams nicht nachempfinden. So scheiterten in den vergangenen Jahren viele Ideen von gemeinsamen Trainingseinheiten, Freundschaftsspielen an den starren Konstrukten in den einzelnen Vereinen und den Vorbehalten von einigen wenigen Entscheidungsträgern. Bei den Spreewölfen ist das anders. Hier trainieren Spieler aus allen Teams der Stadt gemeinsam. Hinzu kommen sogar einige Spieler, die nur noch Box-Lacrosse spielen möchten.
“Für Berlin ist es sehr wichtig, ein reines Box-Lacrosse Angebot zu haben“, so Gründer und Manager der Spreewölfe Oehrwald. “Im Osten wird traditionell sehr viel Box-Lacrosse gespielt, auch wegen der Nähe zu Tschechien. Wir haben sehr viele aktive Box-Spieler in der Stadt. Für die deutsche Box-Lacrosse Community ist diese Vereinsgründung ein wichtiges Zeichen. Wir können uns so von den anderen Lacrosse Varianten abgrenzen und sind freier in der Gestaltung von eigenen Trainingszeiten”, so Oehrwald weiter.
Ambitionierter Start
Ihre Feuertaufe bestanden die Spreewölfe beim Frank Menschner Cup im September 2021. Der erste Form-Check fiel gut aus. Bei dem international gut besetzten Turnier im tschechischen Prag ging es für das neu gegründete Team bis ins Halbfinale. Als bestes deutsches Team beendeten die Spreewölfe ihr Turnier-Debut auf einem starken vierten Platz.
Seitdem ist der Spielkalender für die Spreewölfe prall gefüllt. Anfang des Jahres startete die HILB (Herren Indoor Lacrosse Bundesliga) des DLaxV. Eine Liga, die in der vergangenen Saison vor allem unter den vielen internationalen Turnieren, mangelnden teilnehmenden Teams sowie geringen Spielerzahlen gelitten hat. Im Kampf um die deutsche Meisterschaft war früh absehbar, dass es auf ein Duell mit einem ähnlich stark einzuschätzenden Team aus Köln hinauslaufen würde. Der eindeutige Sieg der Deutschen Meisterschaft machte allen klar, was von Beginn an feststand. Die Spreewölfe wollen mehr.
„Das Team der Spreewölfe ist seitdem weit mehr als nur ein Berliner Verein.“
Früh war daher dem ambitionierten Team um Kapitän Gustav Weber klar, dass die deutsche Liga nicht ausreicht für die hoch gesteckten Ziele der Wölfe an der Spree. Unter Eindruck der Gründungseuphorie und den schnell wachsenden Mitgliederzahlen entschied sich Manager Oehrwald einen großen Schritt zu gehen. Die Spreewölfe folgten der Einladung der tschechischen Box-Lacrosse-Liga NBLL, beizutreten. In Europas bester Box-Lacrosse-Liga tummeln sich namhafte Teams, wie LCC Radotin.
Für alle Spieler ist es eine Chance auf höchstmöglichem Niveau Erfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig wurde die Belastung für die Leistungsträger im Team unverhältnismäßig groß. Viele spielen gleichzeitig in Nationalmannschaftsprogrammen und in Vereinen die Feldversion. Relativ schnell wurde klar, dass Berlin auch auf andere begeisterte Box-Lacrosse-Spieler aus dem ganzen Land zurückgreifen muss, um die große Anzahl an Spielen bestreiten zu können. Seit Mai haben neben dem Grundkader aus Berlin bereits Spieler aus Leipzig, München, Tübingen, Hamburg und Köln mit dem Wolf auf dem Trikot gespielt. Das Team der Spreewölfe ist seitdem weit mehr als nur ein Berliner Verein. Vielmehr geht es darum, den Box-Lacrosse Sport in Deutschland zu fördern und auch Spielern aus anderen Vereinen die Möglichkeit zu bieten, auf hohem Niveau Box-Lacrosse zu spielen und das Gelernte zurück in Ihre Heimatvereine zu tragen. Stets mit der Hoffnung verbunden, dass auch dort Box-Lacrosse mehr Zuspruch erfährt.
In der aktuell noch laufenden NBLL laufen die Spreewölfe sportlich gesehen ihren Anfangserfolgen hinterher. Nachdem man sich Ende August mit einem 14:9 Sieg gegen Köln souverän zum deutschen Box-Lacrosse Meister krönen konnte, ist die Konkurrenz in der tschechischen Liga ungleich größer. Zwar konnten die Spreewölfe bereits zwei Spiele gegen gestandene Teams der Liga gewinnen, mit dem Final Four, für welches sich die ersten vier Mannschaften nach der regulären Saison qualifizieren können, wird es aber mit Blick auf den aktuellen Tabellenstand schwierig.
Was wird die Zukunft bringen?
Felipe Oehrwald hat dafür bereits einige konkrete Ideen: “Wir wollen in den nächsten Jahren nicht nur in Deutschland präsent sein, sondern auch in Europa, insbesondere in der NBLL. Ein wichtiger Meilenstein wird nicht nur die Teilnahme, sondern auch das Anlocken von Sponsoren sein, da das ganze mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist. Ein Etat von Kosten und Aufwänden liegt pro Saison im unteren fünfstelligen Bereich. Das Ziel der Vereinsführung der Spreewölfe ist es, die NBLL in der Zukunft für die Spieler voll finanziert zu bekommen. Förderanträge und Sponsorensuche laufen auf Hochtouren.”
“Parallel dazu ist es enorm wichtig, ein Jugendprogramm aufzubauen“, so Oehrwald weiter. “Wir haben momentan einen Pool an Spielern, die sehr sehr erfahren sind. Diese werden zwar auch noch weiter Box-Lacrosse spielen, aber die Zukunft liegt in einem Jugendprogramm, das in den kommenden Jahren aufgebaut werden muss, um in der Breite bestehen zu können.”
Blickt man nach Tschechien, trifft man auf einige Programme mit echter Vorbildfunktion für junge Box-Programme in Europa. Dabei ist klar, dass in einem langfristig gesunden Verein an Jugendarbeit kein Weg vorbeiführt. Zu abhängig ist man sonst von gut ausgebildeten Spielern, welche in die Stadt ziehen und sich dort im Lacrosse engagieren wollen. Unklar ist hingegen, wie Box-Lacrosse in Deutschland in der Zukunft organisiert sein wird. Das Management der NBLL, in der jetzt bereits Teams aus Österreich, Tschechien, Deutschland und der Slowakei spielen, arbeitet mit Hochdruck daran, die NBLL als europaweite Liga zu etablieren und weitere Teams aus Deutschland und dem Westen Europas zu integrieren. Für Deutsche Teams könnte der Weg also weg vom eigenen Verband hin zu neuen Liga-Strukturen führen. Eine Entwicklung, die zum Nachdenken anregen sollte, aber nicht unbedingt schlecht sein muss für das Niveau und das Lacrosse im eigenen Land.
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Written by Gustav Weber & Matthias Lehna, Posted by DLAXN
Warum wir alle ein bisschen Box-Lacrosse spielen sollten? Das lest ihr hier: