Wie hast du das erste Mal von Lacrosse gehört und warum hast du angefangen?
Das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. An dieser Stelle sagen viele Lacrosser meines Jahrganges sicherlich American Pie, aber es würde nicht stimmen, dass ich American Pie geguckt hätte und mir dann gedacht habe: geil, das muss ich probieren.
Als ich 2008 die Liste der Uni-Sportarten durchgeklickt habe und mir was Neues gesucht habe, war mir Lacrosse aber in irgendeiner Form ein Begriff. Ich musste mein Gedächtnis per YouTube zwar dran erinnern, was Lacrosse ist, wollte es dann aber unbedingt ausprobieren.
Für welche Vereine hast du bereits gespielt und was waren deine größten Erfolge?
Angefangen habe ich in Essen bei den Pirates, habe dann zwecks Praktikums im Norden einen Abstecher zur SG Lübeck/Rostock gemacht und bin dann zurück in Essen ein paar Monate lang nach Düsseldorf zum Training gependelt. Meine aktivste Zeit habe ich im Lacrosse aber sicherlich in Stuttgart erlebt, wo ich dann nach einem Positionswechsel auch den Sprung in die Nationalmannschaft 2016 geschafft habe.
Wo liegen deine Stärken im Spiel und wie hast du sie entwickelt?
Puh, eine spannende Frage. Wenn ich über solche Fragen nachdenke, merke ich immer wie komplex das Torwart-Spiel sein kann. Es ist nämlich viel mehr als „nur“ den Ball zu halten. Es kommt darauf an, die Offense zu lesen und zu verstehen, seinen Mitspielern mit dem Positioning und Spacing zu helfen, zu kommunizieren, den Clear voranzutreiben und den gegnerischen Ride zu lesen.
Meine Positioning zwischen den Pfosten und sich dem Ball in jeder Situation mutig in den Weg zu stellen, auch wenn man weiß, „wenn ich den nicht mit dem Schläger halte, tuts richtig weh“ – ist dabei nur ein kleiner Teil.
Ich glaube meine größte Stärke ist aber das periphere Sehen und die Fähigkeit das Spiel zu lesen. Diese Fähigkeiten braucht man, abgesehen vom „Ball halten“, in jeder Situation. Um meiner Defense zu helfen, wo sie wann stehen sollen und müssen. Zu wissen welche Formation der Gegner im 6 gegen 6 oder Man-Up spielt, wie wir geridet werden oder wo im Clear ein oder zwei Pässe später der freie Mann steht, aber auch ob der Gegner in der Lage ist einen Fast-Break oder Angriff torgefährlich zu Ende zu spielen.
Von Vorteil ist es glaube ich zum einen, dass ich selbst einige Jahre Offense gespielt habe, aber insbesondere die Zeit mit der Natio hat mich nach vorne gebracht. Wir Spieler tauschen uns viel aus, überlegen wie wir was ausspielen können und geben uns gegenseitig Tipps, wie wir besser werden können. Aber auch meine Zeit in Stuttgart als Spielertrainer hat mich geprägt, weil man sich ganz anders mit dem Spiel auseinandersetzen muss und auch dort gab es immer neuen Input.
Wie bereitest du dich auf ein großes Turnier vor?
Nicht besonders. Ich glaube mittlerweile ganz gut in saisonalen Zeiträumen denken und planen zu können, daher habe ich bereits im Vorfeld eine ungefähre Idee wann ich woran arbeiten will. Ich versuche immer sehr selbstkritisch mit meiner Leistung zu sein und weiß daher glaube ich auch immer sehr gut woran ich als nächstes, oder am dringendsten Arbeiten muss.
Vor einem Turnier versuche ich dann daran spezifisch zu arbeiten und das Trainingspensum nochmal zu erhöhen. Ich glaube viel geht auch einfach darum, sich vorbereitet zu fühlen – wenn ich mit der Gewissheit in ein Spiel oder Turnier gehe, dass ich nicht vorbereitet bin oder dass ich mehr hätte machen können oder sogar müssen, dann fängt mein Kopf an zu arbeiten. Dies versuche ich zu vermeiden.
Ich glaube am besten ist man, wenn man einfach Lust hat zu zocken. Wenn ich bspw. denke: „Scheiße, Bouncer hätte ich noch trainieren müssen, da war ich in der Saison nicht so stark.“ dann versuche ich zu lesen, ob der nächste Schuss ein Bouncer wird, oder spekuliere vllt. sogar darauf – dass ist dann der Moment, wo man als Torwart richtig komische Bewegungen macht.
Welche Qualitäten schätzt du an einem Teamkameraden am meisten?
Immer, immer, immer ist es Kommunikation auf und neben dem Feld. Motivation und Koordinationshilfe aus der Box finde ich auch hilfreich. Wenn die Settled-Defense weiß wen sie deckt, wer der Slide ist, wer die Hilfe ist – das ist mMn absolut Key in der Defense – aber es ist leider auch sehr selten, dass in der Defense 7 Leute hat, die unentwegt miteinander reden.
Die zweite Basic-Fähigkeit ist meiner Meinung nach das Head-on-the-Swiffle Prinzip. Das man sich also auf den Gegenspieler und Ballträger abwechselnd fokussiert. Es hilft einfach auf dem Feld zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz zu stehen. Umso weniger ich mich darauf konzentrieren muss meinen Mitspieler beim Spacing und Positioning zu helfen, umso mehr kann ich mich aufs Ball halten konzentrieren – ich hab schon Tore kassiert, da hab ich den Ball gar nicht gesehen, weil ich noch damit beschäftigt war die Defense zu stellen (was selbstverständlich trotzdem mein Fehler ist und nicht der der Defense)
Wo siehst du dich persönlich in 5 Jahren?
Auf jeden Fall nicht mehr im Tor *lacht*. Ich bin jetzt 32 und habe mir selbst die Deadline gesetzt bis 2022 so gut und fit zu bleiben, wie es Job und Familie zulassen, vielleicht sitzt ja doch noch eine WM-Teilnahme drin. Danach ist glaube ich aber auch gut gewesen. Vielleicht spiele ich dann auf einer anderen Position in der Altherrenmannschaft, vielleicht konzentriere ich mich aufs Coachen oder etwas anderes.
Aktuell möchte ich aber nicht mit Ablauf meiner „sportlichen Karrieren“ dem Lacrossesport den Rücken kehren (wie es ja leider häufig der Fall ist). Ein Engagement in der Nachwuchsarbeit kann ich mir gut vorstellen – Torwarttrainer in der u19?! Einen neuen, bzw. zweiten Verein in Stuttgart wäre ein Herzenswunsch. Vor einigen Jahren wurde die Turniermannschaft „Bad Canstatt Canons“ ins Leben gerufen, warum also nicht dort einen gleichnamigen Verein gründen.
Welche Tipps würdest du jungen deutschen Lacrosse Spielern mit auf den Weg geben?
Spielen, spielen, spielen! Möglichst viel und möglichst auf unterschiedlichen Positionen. Anders als im College-Lacrosse spielen wir in Deutschland noch bis ins hohe Erwachsenen-Alter in Vereinen Lacrosse. Ich finde man muss sich nicht zu früh auf eine Position oder einen Stick festlegen. Ich war bestenfalls ein durchschnittlicher Middi/Attacker und bin durch Zufall ins Tor gewechselt – dort war ich sichtlich besser aufgehoben.
Für die jungen Torhüter ist mein Tipp, arbeitet an eurem Movement und Selbstbewusstsein als Goalie. Ziel sollte es sein den Ball immer mit dem Schläger zu halten, geht das nicht und der Fuß oder Oberschenkel muss mal herhalten, ist das aber natürlich auch okay. Aber nur so erhöht ihr die Chance euch gut zu bewegen und somit viele Saves zu machen und nicht von der Ungenauigkeit des Gegners oder dem Zufall abhängig zu sein. Und es ist keine Schande mit Tennisbällen zu trainieren. Wenn euch das Selbstbewusstsein oder die Erfahrung fehlt euch sauber zum Ball zu bewegen (oder ihr einfach Mitte/Ende der Saison viele Blaue flecken habt), muss man gucken wie man es bekommt. Tennisbälle schmerzen deutlich weniger und sind eine gute Alternative.
Was ist deine Weapon of choice?
Haha, von Weapon of Choice kann keine Rede sein. Ich habe damals ein paar Sachen geschenkt bekommen, die seitdem nicht kaputt gegangen sind – deshalb spiele ich mit einem STX Outlet Shaft, den ich aber gerne spiele, weil die Rückseite des Shafts abgerundet ist und so besser in der Hand liegt als ein üblicher Feldspieler-Shaft.
Ansonsten habe ich lange mit dem Standard-Head: STX Eclipse gespielt – im Sommer ist der mir aber zu weich, weswegen ich jetzt mit einem härteren Head von UnderArmour spiele.
Zur Pocket, mag ich es eher Kartoffelsackmäßig tief und breit.
Posted by DLAXN